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Das byzantinische Zypern bis 1191 | |
Theoretisch waren Zypern und Italien bis 476 eine politische Einheit und auch noch später, wenn man die symbolische Unterwerfung der Könige Odoacar und Theodoric unter das (östliche) Römische Reich berücksichtigt. Während der Herrschaft Justinians im 6.Jahrhundert, nach der Entdeckung großer Teile Italiens durch General Belisarius in den langen gotischen Kriegen, gelangte Italien erneut unter denselben poltischen Schirm wie Zypern. Nach dem Zusammenbruch durch den persischen Krieg und die arabischen Überfälle im 7.Jahrhundert leitete Zypern eine seltsame Zeit als unabhängiges Territorium von Byzanz und dem Islam ein, die mit kurzen Unterbrechungen von 688 bis 965 dauerte. Damals und bis zum Fall von Bari im Jahre 1071 teilten Zypern und ein kleiner Teil Süditaliens erneut Konstantinopel als politisches Zentrum. Geistlich blieb Zypern jedoch außerhalb des Einflusses des päpstlichen Roms, war dem Osten fest verbunden und folgte dem, was sich schließlich zur griechischen Orthodoxie in Liturgie und Tradition entwickelte. | |
Der Handel muss gegen Ende des 10. und 11.Jahrhunderts, wenn auch nur für kurze Zeit, einige Italiener, vielleicht aus Amalfi, die sich auf ihrem Weg nach Mittelasien befanden, nach Zypern gebracht haben. Doch mit dem ersten Kreuzritterzug Ende des 11.Jahrhunderts und der Gründung von Staaten durch die Ritter befand sich Zypern plötzlich in einer beneidenswerten geografischen Lage am Kreuzweg zwischen Orient und Okzident. Wir besitzen nur wenige Informationen, dennoch ist wahrscheinlich, dass die “italienische” Epoche in der zyprischen Geschichte kurz nach 1100 begann, als die Anwesenheit italienischer Händler auf der Insel belegt wurde. Es ist bekannt, dass sich zwei Brüder aus Genua in den 1170er Jahren auf Zypern aufhielten, als sie zur byzantinischen Marine einberufen worden waren, und dass Anfang 1180 einer sizilianischen Kirche Land auf Zypern geschenkt wurde. Doch die bedeutendste Präsenz Italiens auf Zypern war die der Venezianer. Auch wenn es nur wenige Informationen über das 12.Jahrhundert gibt, so ist doch bekannt, dass die Venezianer schon seit etwa 1100 zyprische Häfen nutzten, dass ihnen gegen 1136 Freihandelsprivilegien auf Zypern eingeräumt wurden, die sie eingefordert hatten, und dass diese 1147 vom Kaiser genehmigt wurden. Es ist fast sicher, dass Zypern schon seit 1150 ein bedeutendes Handelszentrum für die venezianische Flotte war. Eine venezianische Firma, die Handel mit Ägypten trieb, hatte 1139 ihren Sitz in Limassol und es gibt Hinweise darauf, dass bereits seit 1143 venezianische Händler in Pafos lebten. Bis zum Aufstieg von Famagusta später im 13.Jahrhundert, lange nach der Eroberung durch die Franken, waren Limassol und Pafos die Haupthäfen Zyperns, deren Betriebsamkeit im wesentlichen auf die Venezianer zurückzuführen ist. Die venezianische Bezeichnung “Baffo” stammt offenbar von Pafos, dem damals zweitgrößten Hafen der Insel. Es ist auch aus den Chroniken der Eroberung durch Richard Löwenherz bekannt, dass es bei seiner Landung 1191 in Limassol dort bereits eine komplette lateinische Gemeinde gab, wahrscheinlich Venezianer. | |
Bis 1191 hatte sich die venezianische Präsenz auf Zypern viel stärker ausgedehnt, als man sich vorstellen kann, wenn man den wenigen Überlieferungen oben Glauben schenken darf. Die zufällige Niederschrift und Rettung eines Berichtes auf dem Jahre 1240 etwa, belegt schon vor 1191 italienischen Besitz auf der Insel, welcher ab einem bestimmten Zeitpunkt beschlagnahmt wurde, auch wenn ungewiss bleibt, wann und wo und in welchem Ausmaß. Die bereits eindrucksvolle Liste beschlagnahmten Eigentums ist möglicherweise nicht vollständig. Offenbar besaß zumindest ein Venezianer, Andreas Remigo da Baffo, noch Eigentum auf Zypern, und das ist vielleicht nur die Spitze des Eisberges. Es gibt genaue Angaben zu hunderten beschlagnahmten Besitztümern mit Details zu Lage, Namen der venezianischen Eigentümer und teilweise Namen der neuen “Eigentümer”. Ein Großteil des Eigentums befand sich in Limassol selbst, wo die Gemeinde einen Taufstuhl und zwei lateinische Kirchen besaß. Eine davon, die des heiligen Markos (Agios Markos), wurde während der Frankenherrschaft wahrscheinlich als lateinische Kathedrale von Limassol genutzt und ihre Grundmauern sind heute noch sichtbar. Die andere, die des heiligen Georg (Agios Georgios), ist möglicherweise der Ort, an dem die Vermählung König Richards mit Berengaria stattfand und vielleicht sind es ihre Ruinen, die in der Burg von Limassol erhalten sind. Die venezianische Kolonie von Limassol zählte über 100 Häuser und nahezu 50 Geschäfte. Sie besaß sogar einen Bäderkomplex, ein Hospiz und einen Friedhof. | |
Eine kleinere venezianische Gemeinde lebte, wie nicht anders zu erwarten, in Pafos, wo sie auch eine Kirche besaß. Seltsamerweise gab es auch im Landesinneren, in Nikosia, Venezianer. Sie besaßen nicht nur eine Kirche in der Hauptstadt, sondern das Haus der Familie Sabatini, die viele Immobilien in Nikosia besaß, wurde sogar der erste Königspalast der Lusignans. Die Tatsache, dass viele Venezianer in Nikosia lebten, sollte uns darauf hinweisen, dass sie nicht nur internationalen Handel trieben. Limassol war zwar das größte Zentrum, doch die Ländereien um die Stadt herum waren voller venezianischer Bauten. Einige Dörfer, wie Pyrgos und Monagrouli, waren sogar im Besitz der Italiener. Diese ständige Landbevölkerung, die sich gen Süden in Richtung Berge ausdehnte, war in der Landwirtschaft tätig. Sie besaß mindestens zwei Kirchen auf dem Land, von denen noch eine in sehr verfallenem Zustand in der Nähe von Agios Konstantinos existiert. | |
Im Jahre 1184 riss der Usurpator Isaak Komnenos die Macht über Zypern an sich und ernannte sich selbst zum Kaiser. Diesen Putsch nahm der Westen später zum Anlass für die Eroberung von 1191 – ein Vorbote für die Ereignisse von 1974. Interessant ist die Tatsache, dass sich Issak bei der Vorbereitung auf den byzantinischen Versuch, die Insel zurückzuerobern, mit dem normannischen Sizilien verbündete. Der sizilianische Admiral Margaritone half bei der Verteidigung Zyperns gegen die Byzantiner im Jahre 1187, doch zu Isaaks Unglück reiste er 1188 ab und König Wilhelm II. von Sizilien verstarb 1189. | |
Im Jahre 1191 besiegte der frankophone König Richard von England beim dritten Kreuzzug auf dem Weg nach Messina im Heiligen Land, Isaak und eroberte die Insel. Im darauffolgenden Jahr, nach einer kurzen Regierungszeit der Tempelritter, verkaufte Richard Zypern an den Franzosen Guy de Lusignan. Als König von Jerusalem hatte Guy 1187 die Schlacht von Hattin und seine Hauptstadt verloren, die von Saladin erobert wurde. Guy und sein Bruder Almarich gründeten ein Königreich mit frankophonen Adligen, das bis 1489 bestand. Das Jahr 1191 war aus vielen Gründen ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte Zyperns und leitete eine “französische” Epoche ein. Doch aus italienischer Sicht stellt das Jahr 1191 nicht genau den Beginn der “lateinischen” Epoche in der zyprischen Geschichte dar. Die italienische Präsenz auf Zypern war bereits vor der Eroberung dauerhaft, organisiert und bedeutend und insbesondere die Entwicklung der Stadt Limassol ist in starkem Ausmaß den Venezianern zu verdanken. | |
Zypern in der frühfränkischen Epoche, 1191-1374 | |
Aus politischer Sicht durchlief das fränkische Zypern drei einzelne Phasen der italienischen Intervention mit wachsender Intensität: die sizilianische, die genuesische und schließlich die venezianische. Guy de Lusignan (1192-94) starb als Herr über Zypern und war der Bruder von Almarich (1194-1205), der Zypern zum Königreich machte. Um dies zu erreichen, bat Almarich den deutschen Kaiser Heinrich VI. um eine Krone, und so wurde Zypern im Jahre 1197 Vasallenkönigreich. Durch eine Hochzeit hatte Heinrich sein Kaiserreich um das Königreich Sizilien erweitert und sein Sohn | |
Friedrich II. war in Sizilien und Süditalien fest verankert. Die Position Friedrichs als Lehensherr hatte wenig praktische Bedeutung, bis zu dem Zeitpunkt, als der minderjährige Heinrich I. | |
(1218-53) König über Zypern wurde und ein Disput zwischen Heinrichs Mutter, der Königin Alice de Champagne, und ihren Onkeln, Philip und Jean d‘Ibelin – die letztlich auch italienischer Abstammung waren – über die Thronfolge mit dem geplanten Kreuzzug von Friedrich II. zusammenfiel. Friedrich hatte die Königin von Jerusalem geheiratet und ihr Sohn Konrad sollte König von Jerusalem werden. Vielleicht nach einem Plan von Alice machte Friedrich 1228 zunächst auf Zypern Halt, um die Regentschaft und das dazugehörige Einkommen einzufordern. Dadurch hoffte Friedrich, ein enormes mediterranes Kaiserreich zu schaffen. Der Versuch misslang, doch auf Zypern entbrannte ein Bürgerkrieg zwischen den Ibelin-Anhängern und den kaiserlichen Verbündeten, der mit einigen Unterbrechungen bis 1233 andauerte. Auch wenn dies gewöhnlich als deutsche Einmischung in die Angelegenheiten Zyperns gewertet wird, so waren doch Friedrichs Truppen größtenteils Italiener wie auch sein späterer Marschall Ricardo Filangieri. Nur durch eine Allianz mit einer anderen italienischen Macht, nämlich Genua, und mit der Ankunft einer genuesischen Flotte im Jahre 1233 in Kyrenia gelang es den Ibelins, dem Krieg ein Ende zu setzen. | |
Papst Innocent IV. löste 1247 Zyperns Vassallenschaft mit dem Kaiserreich auf, doch das beendete nicht Siziliens Pläne für Zypern. Nachdem Charles d’Anjou im Jahre 1266 Sizilien und Süditalien erobert hatte, kaufte er 1277, zu einer Zeit, als die Könige Zyperns auch Könige von Jerusalem waren, Rechte am Königreich Jerusalem auf. Inzwischen versuchten Nachfahren von König Hugo von Brienne und Feinde von Hugo III. (1267-84) nach 1267 Unruhe im Westen zu stiften, um den Thron Zyperns einzunehmen. Eine feindliche Rivalität zwischen den Königen Zyperns und Siziliens hielt bis in die Mitte des 14.Jahrhunderts an. Nach dem großen Aufstand von 1282, bekannt als Sizilianisches Vesper, und dem anschließenden Krieg zwischen Anjou und Aragon legte der Vertrag von Caltabellotta 1302 fest, dass Aragon Zypern erhalten könne, wenn er Karl II. von Anjou Sizilien zurückgeben würde. Zum Glück für die Lusignans wurde dies niemals umgesetzt und Karl II. musste sich mit der Herrschaft über Süditalien von Neapel aus begnügen. Doch im 14.Jahrhundert nannte sich Robert von Anjou weiterhin König von Jerusalem und bestärkte wahrscheinlich die Brienne-Anhänger in ihrer Beanspruchung Zyperns. Im Ergebnis dessen bemühte sich König Hugo IV. (1324-59) intensiv um eine Allianz mit Aragon, um den Forderungen des Königreichs Neapel gegenüber Jerusalem zu begegnen, und ging sogar so weit, dass er die Freunde von Königin Sancia von Neapel, die Franziskaner, verfolgte. | |
Wie man sehen wird, dauerte die zweite große italienische Phase im mittelalterlichen Zypern von 1374 bis 1464. Wie ihre militärische Rolle im Bürgerkrieg zeigte, waren die Genuesen bereits seit Beginn des 13.Jahrhunderts ein bedeutender Faktor in der zyprischen Politik. Von Genuesen auf Zypern ist seit 1203 die Rede und Königin Alice gewährte ihnen 1218 erste Privilegien: freien Handel, Steuer- und Zollbefreiung, Vermögensschutz, das Recht auf ein genuesisches Podestat (in Nikosia) sowie Grundstücke in Limassol und Famagusta. Im Jahre 1232 erlaubte Heinrich I. in seinem Bemühen, dem Bürgerkrieg ein Ende zu setzen, den Genuesen, in den meisten Fällen ihrem Podestat anzugehören und nicht der lokalen Verwaltung. Einige Historiker bewerten diesen Schritt als Beginn einer schlechten Beziehung, die eineinhalb Jahrhunderte später zur genuesischen Invasion führte. Das ist eine recht fundierte Behauptung. Auch wenn Genua im 13.Jahrhundert Zypern oft mit Kriegsschiffen belieferte, zog es die Insel nicht selten in seine gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Venedig hinein, insbesondere, wenn die italienischen Interessen in Accra und Tyros mit den zyprischen Interessen übereinstimmten. Die Könige Zyperns erfuhren, dass die Begünstigung einer italienischen Stadt möglicherweise einer anderen missfallen würde. | |
Während der Herrschaft Königs Heinrich II. (1285-1324) verzeichneten die Beziehungen zu Genua einen Rückgang. Bis dahin gab es nicht so viele Genuesen mit ständigem Wohnsitz auf der Insel, obwohl die Gemeinschaft ein bedeutendes Vermögen angehäuft hatte. Doch nun kamen genuesische Bürger als Flüchtlinge aus Syrien an. Die genuesischen Gemeinschaften wuchsen in allen Städten an, und die in Famagusta entwickelte sich zur bedeutendsten, was dazu führte, dass das Podestat dorthin verlegt wurde. Genua war bereits über die Haltung Zyperns in ihrem Konflikt mit Venedig aufgebracht, während Heinrich diesen Zustand nicht verbesserte, als er anderen, wie auch den Bürgern Pisas, Vorrechte einräumte. Gegen Ende der 1280er Jahre forderten die Genuesen noch mehr Privilegien, doch Heinrich und den Genuesen gelang es nicht, ein neues Handelsabkommen zu schließen. Während des Krieges zwischen Genua und Venedig in den 1290er Jahren unterstütze Zypern Venedig bei den Auseinandersetzungen, die in der Region Zyperns ausgetragen wurden. Nach ihrem Sieg forderten die Genuesen von Heinrich eine Entschädigung, die dieser jedoch verweigerte. Die Genuesen versuchten dann, die Insel zu boykottieren und Heinrich ging zum Gegenangriff über. Zu diesem Zeitpunkt begannen genuesische Piraten, die auf gewisse Weise in den Krieg gegen Venedig verwickelt waren, den neuen Wohlstand Zyperns zu bedrohen und sogar Überfälle auf die Insel zu organisieren. Dieser Wohlstand stammte wiederum teilweise aus einem Handelsverbot des Papstes mit Ägypten, das Heinrich von Zeit zu Zeit umsetzte, indem er genuesische Schiffe beschlagnahmen ließ. Zahlreiche genuesische Piraten wurden 1303 hingerichtet. Eine weitere Hinrichtung im Jahre 1306 führte zur Rache eines genuesischen Verwandten des Opfers. 1305 waren Zypern und Genua kurz davor, den Krieg auszurufen, doch Heinrich unternahm nichts um die Gemüter zu beschwichtigen. Die rivalisierende Haltung Heinrichs gegenüber dem mächtigen Genua war wohl der Hauptgrund für den Putsch seines Bruders Almarich im darauffolgenden Jahr. | |
Almarich (1306-10) bemühte sich um die Verbesserung der Beziehungen zu Genua, doch nach seiner Ermordung und der erneuten Machtergreifung Heinrichs erreichten die Spannungen ihren Höhepunkt. Heinrich verweigerte die Restzahlung eines großen Darlehens, das sein Bruder von Genua erhalten hatte, und Genua befasste sich ernsthaft mit dem Gedanken, in Zypern einzufallen. Als die Überfälle der Piraten und Plünderer Anfang der 1310er Jahre in der Nähe von Pafos fortgesetzt wurden und Heinrich mehr Lastschiffe beschlagnahmte, steckte der König 1316 alle 460 genuesischen Einwohner von Nikosia ins Gefängnis und ließ sie erst 1320 wieder frei. Schließlich handelten Genua und Heinrichs Nachfolger Hugo IV. 1329 einen Friedensvertrag aus, doch die genuesische Piraterie bedrohte Zypern weiterhin, bis 1338 ein neuer Vertrag unterzeichnet wurde. Zu dieser Zeit hatte der Papst jedoch bereits den Genuesen Freistellungen von dem Handelsverbot mit den Muslimen gewährt, das im Jahre 1344 völlig abgeschafft wurde. | |
Damals lebten Genuesen in Limassol, Nikosia und Pafos und sie hatten zumindest in Limassol eine Kirche, Bäcker und Bäder – und einen Festungsturm. Der Großteil der Bevölkerung lebte in Famagusta, doch ein Teil der genuesischen Bevölkerung bestand aus sogenannten “weißen Genuesen”– Flüchtlingen aus Syrien, die genuesische Rechte und Privilegien beanspruchten, jedoch nicht mit Genuesen blutsverwandt waren. Die Rechte der weißen Genuesen sorgten bei der zyprischen Verwaltung für Probleme. Es gibt besonders viele Informationen über den Zeitraum um 1300, denn uns sind die Archive der genuesischen Notare Lamberto di Sambuceto und Giovanni de Rocha erhalten, die aufschlussreiche Einblicke in die Handelsgeschichte von Famagusta zu dieser Zeit gewähren. | |
Auch wenn es offenbar bereits vor 1191 Venezianer auf Zypern gab, so erhielten sie doch ihre ersten Handelsprivilegien 1306 in der Fränkischen Epoche von Almarich, der um gute Beziehungen zu allen bemüht war, die seine gefürchtete Herrschaft unterstützen könnten. Die Zahl der Venezianer nahm zu und ihre Beziehung zu Zypern war gewöhnlich herzlich. Venedig und Zypern kämpften gegen Mitte des 14.Jahrhunderts gemeinsam als Meeresallianz gegen die Türken. Peter I. verbrachte in den 1360er Jahren einige Zeit in Venedig auf der Suche nach Unterstützung für seine Kreuzzüge und die Venezianer kauften Schiffe für Peters Kreuzzug nach Alexandria im Jahre 1365, auch wenn sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden waren. Genauso wie mit den weißen Genuesen gab es auch mit den “weißen Venezianern” Probleme, welche die venezianische Staatsbürgerschaft und somit auch Privilegien beanspruchten. Generell jedoch waren die Beziehungen zu Venedig besser als zu Genua. Nach Genua und Venedig war Pisa die drittwichtigste Handelsstadt dieser Zeit und so waren die Pisaner auch nicht auf Zypern abwesend. Bereits 1192 befasste sich Guy de Lusignan mit dem Gedanken, den Pisanern Privilegien einzuräumen. 1210 gab es Pisaner, die auf der Insel lebten, während Limassol schon vor 1250 eine eigene Pisaner-Gemeinde besaß. Mit dem Niedergang der Kreuzfahrerstaaten jedoch ließen sich die Pisaner allmählich in Famagusta nieder, doch ihre Interessen im östlichen Mittelmeer waren nicht so stark wie die der anderen beiden Städte. | |
Darüber hinaus gab es neben einigen Händlern aus Piacenza, Sizilien und Norditalien auch eine ganze Reihe Florentiner. Auf Zypern standen die Florentiner gewöhnlich mit den Bankhäusern Peruzzi und Bardi in Verbindung, die im Darlehensbereich eine aktive Rolle auf der Insel spielten und sogar dem lateinischen Bischof und dem Herzog von Bourbon Dienste leisteten. Dort, wo es zahlreiche schriftliche Zeugnisse gibt, also gegen 1300, sind oft Hinweise auf florentinische Darlehen und florentinische Bürgen für andere Geschäfte zu finden. Die Bardis und Peruzzis nutzten auch andere Gelegenheiten. Als Zypern in den Jahren 1294-96 nach der großen Flüchtlingswelle von 1291 aus dem lateinischen Syrien von einer Dürre heimgesucht wurde, drohte eine Hungersnot. Deshalb führten die florentinischen Bankiers in den darauffolgenden Jahren enorme Mengen Getreide aus Ampulien ein. | |
Die Bardis und Peruzzis setzten ihre Geschäfte auf Zypern bis zum Bankdesaster fort, das durch die Unfähigkeit König Edwards III. von England, seine Schulden zurückzuzahlen, verursacht wurde. Ein Angestellter der Bardis, Francesco Balducci Pergolotti, verfasste den klassischen Handelsleitfaden, La practica della Mercatura (Handelspraktik), der sich in starkem Maße auf seine Erfahrungen während seiner Zypernaufenthalte in den 1320er und 1330er Jahren stützte. So stark war die Vertrautheit der Florentiner mit Zypern, dass Boccaccio in den 100 Geschichten seines Meisterwerks Dekameron, das um 1345 entstand, Zypern auf die eine oder andere Weise nicht weniger als neunmal erwähnte. Die Florentiner setzten ihre Geschäfte auch nach 1345 fort, doch nach der genuesischen Invasion verlegten sie einen Großteil davon nach Alexandria. | |
Wenn sie Schiffe benötigten, nahmen die Florentiner, wie die Peruzzis, oft die Dienste der anconitanischen und ragusanischen Schiffe in Anspruch. Für die Anconiter Zyperns gibt es mindestens seit 1272 Belege und die Veröffentlichungen aus der Zeit um 1300 berichten, dass sie vorwiegend mit dem Baumwollhandel beschäftigt waren, sich jedoch auch in großem Umfang mit den klassischen zyprischen Exporten, wie Zucker und Salz, und zahlreichen anderen Rohstoffen befassten. Damals bestand sogar eine kleine Anconiter-Gemeinde auf der Insel und Ancona besaß ein Konsulat mit Sitz in Famagusta. Pegolottis Buch bietet zahlreiche Informationen über den Handel zwischen Ancona und Zypern, der noch in den 1320er und 1330er Jahren rege war. Die Geschäfte Anconas auf Zypern setzten sich auch in den 1360er Jahren fort, als die Anconer in Limassol und in Famagusta lebten. Die Seemächte Genua und Venedig brachten Zypern nicht-italienischen Gebieten näher, über die sie herrschten, wie dem venezianischen Kreta und dem genuesischen Chios. Im 13. und in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts stand Ragusa an der dalmatischen Küste – das heutige Dubrovnik in Kroatien – unter der Herrschaft Venedigs. Im 14.Jahrhundert pflegte diese Stadt diplomatische Beziehungen zu Zypern und trieb mit der Insel sowohl eigenständig als auch in Zusammenarbeit mit Ancona und Florenz Handel. Bereits seit 1283 gibt es Aufzeichnungen über den Sklavenhandel der Ragusaner, in den auch Zypern eingebunden war, und in Schriften von ca. 1300 ist von Getreide und insbesondere von Baumwolle die Rede. | |
Der Handel stellte nicht die einzige Verbindung zwischen Zypern und Italien zu dieser Zeit dar. Es bestanden auch geistliche und kulturelle Beziehungen. Während die päpstliche Macht ihren Sitz in Rom hatte, war ein Großteil der höheren zyprischen Geistlichen Italiener, darunter auch einige bekannte Erzbischöfe von Nikosia. Dem entschlossenen Reformer Erzbischof Hugo de Fagiano, einem Prämonstratenser aus dem Gebiet Pisa, gelang es nicht, Unterstützung aus Zypern zu bekommen, und er kehrte Anfang 1260 enttäuscht in seine Heimat zurück, um dort ein Kloster zu gründen, das er “Nicosia” nannte. Später im selben Jahrhundert regierte der Franziskaner Johannes von Ancona und zu Beginn des 14.Jahrhunderts ein Römer, der Dominikaner Johann de Conti. Nach der Verlegung des Papstsitzes nach Avignon scheint es weniger italienische geistliche Einsetzungen gegeben zu haben, doch mit der Rückkehr des Papstes nach Rom im 15.Jahrhundert änderte sich das. | |
In den 1260er Jahren widmete eine große Persönlichkeit, Thomas Aquinas, dem König Zyperns eine Abhandlung, und Dante erwähnte Zypern in seiner “Göttlichen Komödie”. Die Herrschaft König Hugos IV. im 14.Jahrhundert steht für den wahren Beginn starker politischer Bande mit Italien und war Vorbote für das, was im 15.Jahrhundert folgte. So beschreibt beispielsweise Boccaccio, wie Hugo ihn systematisch bearbeitete, ein Werk über die heidnischen Götter zu schreiben, und so widmete er über zwei Jahrzehnte der “Geneologia deorum gentilium”, das jahrhundertelang das Referenzwerk zu diesem Thema blieb. Der große zyprische Gelehrte Georgios Lapithis stand im Briefwechsel mit dem berühmten griechisch-italienischen Mönch Barlaam von Kalabrien, und der Arzt von Hugos Sohn, Peter I., war mit Petrarca befreundet. | |
Im Jahre 1365 führte Peter (1359-69) den letzten großen, ruhmreichen Kreuzzug, auf dem er Alexandria einnahm und zerstörte. Die darauffolgende Einstellung der genuesischen (und venezianischen) Handelsbeziehungen in der Region war vielleicht der Anlass dafür, dass die Genuesen einige Jahre später in Zypern einfielen. Der direkte Auslöser war eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Genuesen und Venezianern in Famagusta. Die italienischen Handelsgemeinden waren seit über einem halben Jahrhundert in derartige Fehden verwickelt. Einige Genuesen wurden 1310 bei Unruhen in Famagusta getötet und 1331 gab es noch mehr Probleme mit den Genuesen. 1349 nahm ein Konflikt zwischen einem Sizilianer und einem Venezianer in Famagusta eine böse Wende, doch die Venezianer überließen Hugo IV. die Bestrafung der Zyprer und der anderen, die ihr Vermögen beschädigt und ca. 30 Venezianer verletzt hatten. Das ist ein Zeichen für die unterschiedliche Haltung der Genuesen und der Venezianer gegenüber der Krone. Genua dagegen rief 1343-44 und 1364-65 um ein Haar auf Zypern den Krieg aus, im letzten Fall wegen einer weiteren gewaltsamen Auseinandersetzung. Daraufhin war Peter I. gezwungen, Genua weitere umfassende Privilegien zu gewähren, um nicht seinen geliebten Kreuzzug abbrechen zu müssen. Die neuen Privilegien sahen unter anderem das Recht zum Bau einer Loggia in Famagusta vor, sowie das Recht militärisch einzugreifen, wenn die Zyprer ihr Wort brechen sollten. Auch wenn die Konflikte zwischen Venedig, Genua und Zypern zum Krieg gegen Ägypten mit dem Vertrag von 1370 gelöst schienen, so ist es nicht überraschend, dass eine Auseinandersetzung zwischen Bürgern der beiden Städte in den 1370er Jahren zum Einmarsch Genuas auf Zypern führte. | |
Die Gewalt entbrannte nach der Krönung von Peter II.(1369-82) als König von Jerusalem im Jahre 1372 in der Kathedrale Agios Nikolaos in Famagusta. Kämpfe zwischen Genuesen und Venezianern wurden in Famagusta in den 1340er und 1360er Jahren verzeichnet. Nun ging es um ein scheinbar unbedeutendes zeremonielles Thema, und in dem anschließenden Chaos stellten sich die Zyprer auf die Seite der Venezianer. Während der Auseinandersetzungen wurde genuesisches Vermögen zerstört und Menschenleben ausgelöscht, doch da Peter den Genuesen die Schuld zuschrieb, erhielten sie keine Entschädigung. Nach diesen Ereignissen spitzte sich die Situation sehr schnell zu. Viele Genuesen verließen die Insel, Genua bereitete sich auf den Krieg vor und stellte Forderungen, die kaum zu erfüllen waren. Die Zyprer waren ihrerseits nicht gewillt nachzugeben und hielten genuesische Schiffe von Zypern fern. Trotz der verstärkten Bemühungen des Papstes und der Johanniter, eine friedliche Lösung zu finden, nahm Anfang 1373 eine Kriegsflotte von Genua aus Kurs auf Zypern. Die Plünderungen der Genuesen führten zu Rachezügen gegen die auf Zypern verbliebenen Genuesen, bis sich die Lage derart zuspitzte, dass die Zyprer den Hafen von Satalia an der Südküste Kleinasiens den Türken auslieferten, damit er nicht in die Hände der Genuesen fiel. Limassol, das seine Entwicklung größtenteils den Gegnern der Genuesen, den Venezianern, zu verdanken hatte, wurde in Brand gesetzt und Pafos eingenommen. | |
Die Hauptflotte der Genuesen, die aus 36 Galeeren mit über 14 000 Männern bestand, kam Ende 1373 an und schloss sich den sieben Galeeren an, die zuvor eingetroffen waren. Die Zyprer waren bereit für Verhandlungen, doch durch die Arglist der Genuesen gerieten König Peter II., sein Onkel Prinz Johannes von Antiochia, sowie seine Mutter Eleonore von Aragon, in Gefangenschaft. Doch der andere Onkel von Petros, Prinz Jacob, ließ sich nicht in die Falle locken und setzte den Kampf fort. Nikosia wurde geplündert, doch Jacob konnte den Genuesen starke Verluste zufügen, bis diese feststellten, dass der totale Sieg möglicherweise die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel überstieg. Die Zyprer sahen ihrerseits ein, dass sie den Krieg nicht gewinnen konnten und verstanden, dass sich die Lage durch eine anhaltende Zerstörung der Dörfer und Städte verschlimmern würde. | |
Das Arrangement, das aus den Verhandlungen hervorging, war hart für die Zyprer, die zugestimmt hatten, eine hohe Entschädigung in Raten zu zahlen, Genua viele bedeutende Männer als Geiseln zu übergeben und ihnen Famagusta als zusätzliche Garantie für die Einhaltung ihrer Verpflichtungen abzutreten. Jacob nahm eine freiwillige Verbannung an den Ort seiner Wahl in Kauf, doch wiederum durch eine Hinterlist der Genuesen brachten sie ihn nach Genua, wo der künftige König Jacob I. viele Jahre zubrachte. Auch wenn die zyprische Wirtschaft in keiner Weise zusammenbrach, so markierte der Krieg das Ende eines großen Wohlstands, der Zyperns strategischer Handelsposition zu verdanken war. | |
Die spätfränkische Herrschaft auf Zypern 1374-1474 | |
Die Invasion und die Teilung Zyperns im Jahre 1374, genau 600 Jahre vor der jüngsten Invasion und Teilung, leitete auf vielfältige Weise eine neue italienische Phase in der zyprischen Geschichte ein. Nicht nur befand sich Famagusta unter der direkten Herrschaft Genuas, sondern auch der Tod und die Verbannung eines Großteils der frankophonen Bevölkerung im Zuge des Krieges veränderten die demographische Zusammensetzung der Adligen radikal. Von nun an spielten Italiener, Griechen und andere zunehmend eine führende Rolle in der Gesellschaft. Das ging, wie man sieht, mit der zunehmenden Verwendung der italienischen Sprache einher – sogar mit deren Einfluss auf die griechische Sprache – was zum Teil der langjährigen Gefangenschaft von Jacob und seinem Sohn Janus, der nach dem römischen Gott Genuas benannt war, zuzuschreiben war. | |
Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Universität Padua die alleinige höhere Bildungseinrichtung der Zyprer war. Bereits 1350 ist die Präsenz von Zyprern an der Universität belegt. Es war jedoch das Stipendium, das Peter von Caffron im Jahre 1393 für die Zyprer in Padua vergab, das im 15. und 16.Jahrhundert zum starken Anwachsen der zyprischen Studentenschaft dort beitrug. Als Venedig Padua 1406 erobert hatte und diese Institution fast die offizielle Universität Venedigs wurde, waren die geistigen Beziehungen zwischen der zyprischen Elite und Venedig bereits gegen Mitte des 15.Jahrhunderts eng. Sogar ein Mitglied der Königsfamilie, Kardinal Lanzelott Lusignan, studierte seit 1428 an der Universität, bevor er seine Tage im Dienste des Herzogs von Savoyen von 1442 bis 1451 vollendete. (Hugo de Lusignan wurde ebenfalls Kardinal und verbrachte einige Zeit in Italien.) Das konnte nur zur weiteren Stärkung der italienischen Sprache zulasten der französischen Sprache sowie des Einflusses Venedigs zulasten Genuas auf Zypern beitragen. Die zyprische Präsenz in Genua wurde so stark, dass es eine offizielle “zyprische Nation” an der Universität gab. Dies setzte sich noch lange Zeit nach der türkischen Eroberung von 1571 fort und eine Handschrift mit den Regeln der “zyprischen Nation”, die von einem Griechen im 17.Jahrhundert verfasst worden war, wird in der Bibliothek der Universität Padua aufbewahrt. | |
Dennoch besaß Genua nun eine Kolonie in Famagusta mit einem genuesischen Bischof und einer substantiellen genuesischen Gemeinde, auch wenn die griechische Bevölkerung überwog. Im Gegenzug für seine Befreiung aus der Gefangenschaft im Jahre 1383 war Jacob (1382-98) unter anderem gezwungen, die Souveränität der Stadt und ihres Umlandes aufzugeben, was als Staat im Staate beschrieben wurde und nun unter der Verwaltung eines Hauptmanns stand. Die Genuesen forderten auch, dass die internationale Schifffahrt in Famagusta vor Anker ging. Und doch genoss die Stadt im 15.Jahrhundert nicht den Reichtum, den sie im 14.Jahrhundert besaß. Andere Handelsgruppen nutzten den Hafen nicht und verringerten somit seine Einkünfte. Ein Teil der Bevölkerung emigrierte und im Jahre 1394 bemerkte der italienische Besucher Nicolo da Martoni: “Ein Großteil, nahezu ein Drittel, ist unbewohnt, die Häuser zerfallen, und das geschah nach der genuesischen Herrschaft”. Die Einkünfte des Bischofs betrugen nur die Hälfte dessen, was er vor dem Krieg bekommen hatte, und es gab Beschwerden, dass die Stadt schmutzig und verwahrlost war. Außerdem verlangte die Verteidigung gegen äußere Bedrohungen durch zyprische Truppen, katalanische Piraten und Überfälle der Mameluken Ausgaben, auch wenn die Insel strategisch bedeutsam war. 1447 beschloss Genua, die Herrschaft über die Kolonie der Banco di San Giogio von Genua zu übergeben. Famagusta war jedoch weiterhin dem Verfall preisgegeben, so dass einige Einwohner sogar beschlossen, die Stadt zu verlassen und sich den genuesischen Gemeinden in Limassol und Nikosia anzuschließen. | |
Die Zyprer hatten bereits zur Zeit von König Peter II. vergeblich versucht, Famagusta zurückzuerobern. Janus (1398-1432), der Sohn Jacobs, der in Genua geboren und aufgewachsen und dem die Rückkehr bis 1391 verboten war, belagerte die Stadt 1401, gab jedoch 1403 auf, als die genuesische Flotte die Insel erreichte. Schließlich war nach dem Tod von Janus’ Sohn, Johannes II. (1432-58), Johannes’ Tochter Charlotte dessen rechtmäßige Nachfolgerin, deren zweiter Ehemann Louis, Sohn des Herzogs von Savoyen, war. Johannes’ außerehelicher Sohn, Jakob der Bastard, beschloss, Zypern gewaltsam einzunehmen. Nach einer langwierigen Belagerung gelang es ihm 1464, die genuesische Herrschaft über Famagusta zu beenden und Louis und Charlotte zu verbannen. Doch die Erleichterung über die Befreiung von der Herrschaft eines italienischen Staates hielt nicht lange an, denn drei weitere italienische Instanzen warfen ein Auge auf die Insel: Savoyen, Venedig und Neapel. Aus dem Westen bemühte sich Charlotte weiterhin und trat schließlich ihre Forderungen an den Herzog von Savoyen ab. Jakob, nunmehr König Jakob II., vermählte sich mit der Venezianerin Caterina Cornaro, deren Familie bereits bedeutende Anteile an der zyprischen Zuckerproduktion besaß. Falls Caterina kinderlos versterben sollte, hatte er zugesagt, dass der venezianische Staat deren Nachfolge antreten würde. 1473 verstarb Jakob II. und im selben Jahr erblickte Jakob III. das Licht der Welt. Unter diesen unbeständigen Bedingungen ergriffen die Anhänger des Königreichs Neapel die Gelegenheit, Andreas, den Onkel und Berater Caterinas, zu ermorden und einen Putschversuch zu unternehmen, der jedoch durch die venezianische Flotte vereitelt wurde. Nach dem Tod von Jakob III. im Jahre 1474 ergriff Venedig, das die Insel bereits zu seinen Kolonien zählte, de facto die Macht auf Zypern und sandte einen Provvedittore als obersten Verwalter dorthin. Somit schien Venedig mit Caterinas Tod Zypern de jure zu erben, doch als 1479 Charlottes Anhänger vergeblich versuchten, Caterina zu ermorden, wurde Venedig klar, dass es Caterina zur Abdankung veranlassen müsste, so dass Venedig direkt die Herrschaft über Zypern übernehmen konnte. Das tat Caterina im Jahre 1489 und verbrachte den Rest ihres Lebens in Asolo. | |
Die venezianische Herrschaft, 1474-1571 | |
In nahezu allen Führern, Balladen und historischen Büchern und in den meisten allgemeinen “wissenschaftlichen” Abhandlungen über die Geschichte Zyperns wird die venezianische Epoche in den dunkelsten Farben beschrieben. Über ein halbes Jahrhundert jedoch zeigen fast alle schriftlichen Belege der ernsthaften Forschung, dass größtenteils das Gegenteil der Fall war. Sicher handelte es sich um eine Kolonialregierung durch einen Handelsstaat und Zypern war in gewisser Weise ein militärischer Vorposten. Es war auch eine Regierung des 15. und 16. Jahrhunderts, doch gemessen an den Standards dieser Zeit brachte die venezianische Epoche den Einwohnern viele Vorzüge. Die innere Sicherheit und der Vorteil, einer großen Handelsmacht anzugehören, hatten zur Folge, dass der Handel mit traditionellen zyprischen Produkten, wie Getreide, Salz, Zucker und Baumwolle florierte. Dies brachte einerseits den Venezianern hohe Gewinne und andererseits stärkte es zahlenmäßig die Mittel- und Oberschicht der griechischen und lateinischen Zyprer. Viele Zyprer begaben sich sogar nach Venedig, wie die griechisch-zyprischen Mitglieder der griechischen Bruderschaft Venedigs, während andere auf Handelsschiffen arbeiteten. Inzwischen verbesserte sich auch das Schicksal der zyprischen Sklaven und der griechischen Geistlichen. Der schlagendste und bedeutendste Beweis gegen den Mythos des allgemeinen Zerfalls ist das starke Wachstum der Bevölkerung während der venezianischen Epoche, die sich mehr als verdoppelte. Dies ging mit der Entwicklung der Städte und der Zunahme des Ackerlandes einher. Diese Entwicklung wird am besten deutlich, wenn man sie in ihrem historischen Rahmen betrachtet: Das letzte Jahrhundert der Frankenherrschaft, die dieser vorausging, und die ersten Jahrhunderte der Türkenherrschaft, die folgten, waren durch einen Bevölkerungsrückgang gekennzeichnet. | |
Das venezianische Zypern wurde von einem Rat regiert, dem Regimento, an dessen Spitze der Luogotenente stand, welcher über zwei Berater verfügte. Der Verwalter von Famagusta war der militärische Führer, es sei denn, Venedig hielt es für notwendig, einen Provveditore zu entsenden. Bis 1480 wurde die Amtssprache Französisch, zumindest bei der Kommunikation der Regierung mit Venedig, durch Italienisch abgelöst. Doch in vielen anderen Bereichen wurde das bestehende Regierungssystem aufrecht erhalten. Wie auch im genuesisch regierten Famagusta jedoch kontrollierten auch die Venezianer während ihrer Herrschaft die zyprischen geistlichen Einsetzungen. | |
Die venezianische Herrschaft ging mit der italienischen Renaissance einher, die bis zu diesem Zeitpunkt nur flüchtig auf Zypern präsent war. Kunsthistoriker haben einen “italienisch-byzantinischen” Stil in der Malerei, in Wandmalereien und Ikonen festgestellt. Die griechischen Maler folgten weiterhin byzantinischen Vorbildern, schienen jedoch die italienische Entwicklung in der Kunst wahrzunehmen. Meisterhafte Exemplare dieses Stils finden sich in Galata und in Kalopanagiotis. Architektonische Renaissance-Elemente finden sich an vielen Gebäuden dieser Epoche, wenn auch in den griechischen Kirchen der “französisch-byzantinische” Stil nicht in den Schatten gestellt wurde. Echte Renaissance-Elemente gibt es beispielsweise in der Herberge, die an das Augustinerkloster in Nikosia angebaut wurde, und am Palast in Famagusta, doch die großartigsten Exemplare sind die klassischen Befestigungsanlagen in Kyrenia, Famagusta und insbesondere in Nikosia. Die Mauern in Nikosia, die von Ascanio Savorgnano entworfen und kurz vor der türkischen Invasion von 1570 fertiggestellt wurden, bilden einen perfekten Kreis mit elf gleichgroßen, herzförmigen Bastionen. Das Famagusta-Tor mit seinem schweren Bossenwerk lädt den Betrachter zu einer imaginären Reise durch Italien ein. | |
In der Literatur beeinflusste Petrarcas Dichtung die Werke griechisch-zyprischer Dichter des 16.Jahrhunderts, doch die meisten überlieferten Werke belegen, dass Italienisch die vorherrschende Sprache in Wissenschaft und Literatur war. Die zyprischen Schulen waren mit dem italienischen Netzwerk verbunden. Nach Abschluss ihrer höheren Studien in Italien, insbesondere in Padua, blieben viele Zyprer als Lehrer, Dichter oder Verfasser mittelalterlicher Werke, die zum Druck bestimmt waren, in Italien, während andere zurückkehrten, um im Staatsapparat eine Rolle zu übernehmen. 1531 wurde eine Kommission für die italienische Übersetzung des bedeutenden zyprischen Rechtskodex “Assisen des Bürgertums” gebildet, was Florios Voustronios im Jahre 1534 vollendete. Noch wichtiger ist jedoch, dass das 16.Jahrhundert das italienische Jahrhundert für die zyprische Geschichtsschreibung war. Floris Voustronios verfasste selbst eine bedeutende Chronik auf Italienisch. Eine ähnliche Chronik, bekannt als “Amadi”, wurde ebenfalls in italienischer Sprache geschrieben, vielleicht größtenteils aus älteren französischen Quellen übersetzt, die nicht erhalten sind. Eine Version der griechisch-zyprischen Chronik, die Leontios Machairas im 15.Jahrhundert geschrieben hatte, wurde als “Chronik des Strambali” ins Italienische übersetzt. Ein Dominikanermönch, ein Abkömmling der Königsfamilie, Etienne de Lusignan, begann 1570 in Neapel sein bedeutendes Werk “Chronograffia et breve historia dell‘ isola de Cipro” (Chronografie und kurze Geschichte der Insel Zypern) zu schreiben, nachdem er vor der osmanischen Eroberung der Insel auf Reisen gegangen war. Es gibt weitere, weniger bedeutende Chroniken Zyperns sowie zahlreiche Beschreibungen der Eroberung selbst auf Italienisch. | |
Eine friedliche Herrschaft bedeutete eine reibungslose Herrschaft. Die Türken fielen 1539 in Limassol ein, doch die Stadt war bereits zerstört und fast verlassen. Die einzig wahre Zerstörung kam später mit der türkischen Eroberung. Doch davor gab es einige Jahre innerer Unruhen, die möglicherweise durch die zunehmenden internationalen Spannungen stärker wurden. Jakob Diassorinos führte im Jahre 1563 einen griechischen Aufstand an, wurde jedoch bald hingerichtet. Die Gegenreformation erreichte Zypern, als der letzte Erzbischof von Nikosia, Filippo Mocenigo, die Griechen aufbrachte, als er versuchte, die härteren Beschlüsse des Rates von Trent einzuführen. Die Behörden richteten die Anführer der Aufstände hin, die 1566 ausbrachen, als die Nahrungsmittel knapp waren und der Verdacht bestand, dass Venedig Getreide exportierte. Die Osmanen unterstützten Komplotte und Aufstände und versprachen bessere Jahre unter türkischer Herrschaft. Inzwischen mussten die unteren Klassen durch den vollständigen Wiederaufbau von Nikosia und der Befestigungswälle in den letzten drei Jahren der Herrschaft der Venezianer weitere Entbehrungen in Kauf nehmen. | |
Schließlich blieben die neuen Befestigungswälle von Nikosia wirkungslos. Leutnant Nicolo Dandolo führte im Sommer 1570 sechs Wochen lang Venezianer und Zyprer jeder Art zur Verteidigung der Stadt an, doch die Hauptstadt fiel und ihre Verteidiger starben im Gemetzel. Danach war Famagusta an der Reihe. Dort regierte Hauptmann Marcantonio Bragadino und die Stadt leistete fast ein Jahr lang Widerstand, bis sich die verbliebenen Wachleute, Venezianer und Zyprer, unter der Bedingung ergaben, dass sie am Leben bleiben sollten. Stattdessen wurden sie abgeschlachtet, nur Bragadino blieb verschont, doch ihm wurden Nase und Ohren abgeschnitten. Zwei Wochen später jedoch wurde ihm bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen. Seine Haut wurde mit Stroh gefüllt und als Trophäe nach Konstantinopel gesandt, doch den Venezianern gelang es, sie 1580 zurückzuerobern und nach Venedig zu bringen. So gingen nahezu zwei Jahrhunderte italienischer Herrschaft über ganz Zypern bzw. Teile der Insel zu Ende. |